Montag, 6. Dezember 2010

4. Das Wochenende bei meinen Großeltern

Es war ein relativ warmer Freitagabend, als ich mit seinen zwei Brüdern Eric und Johnny im Wohnzimmer ihrer Großeltern saßen. Wir drei waren kurz vor den Zwanzigern und waren von unseren Eltern dazu verdonnert die Verwandten im Westen Deutschlands zu besuchen. Die Fahrt von vier Stunden hatte ich nur murrend auf mich genommen, da ich kein Freund des Autofahrens war - erst recht nicht, wenn ich selbst oder mein Bruder Eric fuhr...
Eric war da ganz anders. Er war der zweitälteste und hatte darauf gewartet seine Fahrkünste endlich einmal im Winter auf der Autobahn zu erproben und mit dem Wagen der Eltern durch die Landschaft zu düsen.
Johnny, der jüngste von uns dreien war gleichzeitig auch der Größte. Braune, lockige Haare umrahmten sein Gesicht, aus dem die blauen Augen heraus leuchteten. Er wollte mal Jura oder Wirtschaft studieren, wenn er mit der Schule fertig war, so jedenfalls hatte er es mir irgendwann mal erzählt.
Normalerweise hätten wir im Moment mit unsere weiteren zwei kleinen Geschwistern, Maria und Yoda und unsere Eltern im Wohnzimmer der Großeltern gesessen, doch die hatten nicht mitkommen können, da unser Vater eine wichtige Tagung hatte, die nicht zu verschieben gewesen war.
Mindestens einmal im Winter müsst ihr eure Großeltern besuchen. Und wenn ihr schon dabei seid, dann nehmt auch Geschenke an die vielen Leute mit, die uns alle kennen.“, so hatte unsere Mutter gesagt.

Begeistert und ohne Wiederworte waren wir dann auch am Freitagmorgen aufgebrochen.
Jetzt geht es ab in den letzten Winkel der Welt. Und die haben da noch nichtmal Internet...“, hatte Eric gemurrt und Johnny hatte ihm nickend zugestimmt...

Wie auch immer - wir waren endlich angekommen und gleich mit einem deftigen Mittagessen, Eis und Tausend Süßigkeiten und Knabbereien so gemästet worden, dass ich mich fragte, ob wir bei der Rückkehr auch die 3,5 Tonnen des Maximalgewichts unseres Autos nicht überschreiten würden. Nach einem Besuch ihrer Großmutter mütterlicherseits waren wir wieder zu unseren Großeltern zurückgekehrt und hatten ein stundenlanges Abendessen zu uns genommen, auch wenn nun wirklich der letzte Winkel unserer Mägen mit Essen und Sprite vollgestopft war. Ich hatte mir ja fest vorgenommen zu lernen, aber ich war bisher nur auf der Autofahrt dazu gekommen. Und schließlich war mein Kopf so zermatscht, dass ich mir kaum vorstellen konnte, wie man da noch etwas hinein bekommen konnte. Also saß ich auf der Coach und unterhielt mich mit Johnny und meinen Großeltern.
Eric hatte derweilen seinen Laptop ausgepackt und begann damit ein sinnloses Geschicklichkeitsspiel zocken. Ich bezweifelte, dass er es länger als einen Nachmittag ohne Pc aushalten konnte.
Es war jedoch – wie immer – unendlich heiß und stickig in dem gemütlichen und weiträumigen Wohnzimmer, so dass ich mich irgendwann entschied mal nach draußen in die Winternacht zu gehen, auch wenn es dort immer noch ziemlich kalt war. Aber im Vergleich mit dieser Sauna, war mir im Moment jede Abwechslung recht.
Ich suchte mein Handy, da ich bei der Gelegenheit einen Anruf tätigen wollte, zog die Schuhe an und stapfte durch die dünne Schneeschicht durch den Garten. Der Sauerstoff, denn ich einatmete, diffundierte mir durch die Lunge sofort ins Blut, wurde ins Gehirn transportiert und dort in den Glykolyseporzess eingespeist, um meine Hirnzellen wieder in Betrieb zu nehmen. Ich atmete erleichtert aus und zückte das Handy.
Ich wollte gerade mit meinem Freund Jeri telefonieren und schaltete das Handy ein, als ich eine Nachricht empfangen hatte: 5 unbeantwortete Anrufe von Thoralf. Na gut, dachte ich mir und und rief Thorlaf zurück, in er Hoffnung er würde mir einiges erklären. Aber es ging nur die Mailbox ran, also sprach ich eben mit der Mailbox. „Hey, Thoralf, was ist denn los mit dir? Du hast dich ewig nicht gemeldet. Ich habe im im Internet nachgeschaut, aber bis auf das Video von den Dreckvampiren, steht da nix. Wieso meldest du dich nicht? Also, wenn du noch leben solltest, dann schreib mir mal, was los ist!“
Natürlich war das mit dem „noch leben“, nur eine Floskel gewesen, denn ich ging natürlich davon aus, dass mein Freund nicht einfach aufgehört hatte zu leben. Aber ich wollte ja Jeri anrufen, der in einer anderen Stadt studierte und mit mir zur Schule gegangen war. Er hatte sich schon eine Weile nicht mehr gemeldet und normalerweise telefonierten wir mindestens alle 2 Wochen miteinander. Ich wählte die Nummer und ging ein paar Schritte hin und her, damit mir hier draußen nicht kalt wurde. Immerhin gab es hier genügend Sauerstoff und ich konnte einen Augenblick der Langeweile entkommen, die sich eben eingestellt hatte. Jeri ging bald ans Telefon und so unterhielten wir uns eine Weile. Wie immer ging es unter anderem darum, wie stressig mein und wie chillig hingegen sein Theologiestudium war.
Irgendwann jedoch wurde es mir zu kalt und ich ging rein. Ich spielte noch eine Runde Schach gegen meinen Opa, die ich natürlich verlieren musste, weil er über jeden Zug 5 Minuten nachdachte und so meine Konzentration zermürbte. Mit der Zermürbungstaktik gewann er eigentlich immer gegen mich und so gingen wir müde und schlapp irgendwann nach Mitternacht ins Bett.
Wenn ich in einem anderen Bett liege, schlafe ich immer schlecht, aber diese Nacht war voll mit schwarzen Vorahnungen und einer nicht zu leugnenden Alptraumhaftigkeit.

Langsam werde ich müde. Ich werde mir noch einen Kaffee genehmigen und dann weitermachen. Ich denke ich rufe zwischendurch mal Eric an, damit der weiß, wo ich solange stecke.

MfG The Runner

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