Sonntag, 29. Januar 2017

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Herzlich Willkommen 
auf meinem Blog über die Evolution der Vampire.
Hier findet ihr die erste umfassende Vampirtheorie aus wissenschaftlicher Sicht. Ihr könnt sie anhand meiner Erlebnisse in Blogeinträgen nachlesen.
Fangt am besten ganz vorne an und lest euch die Geschichte der Reihe nach durch. Über Rückmeldungen und Kommentare würde ich mich freuen.




1. Blogeintrag
2. Blogeintrag
3. Blogeintrag
4. Blogeintrag
5. Blogeintrag
6. Blogeintrag
7. Blogeintrag
8. Blogeintrag 
9. Blogeintrag 
10. Blogeintrag 
11. Blogeintrag 
12. Blogeintrag 
13. Blogeintrag
14. Blogeintrag 
15. Blogeintrag 
16. Blogeintrag 
17. Blogeintrag 
18. Blogeintrag 

PS: Meine alte Website wurde seltsamerweise gelöscht. Daher habe ich die Blogeinträge nun endlich aktualisiert, die früher nur dort zu finden waren.

18. Es muss enden!



18. Blogeintrag
Es muss enden!

„Dave!“, eine Stimme drang in mein Bewusstsein und hob sich seltsam von dem seichten Surren in meinen Ohren ab.
„Dave!“, wiederholte die Stimme wieder und mich traf ein kräftiger Schlag auf die Wange.
Ich schnappte nach Luft und zuckte hoch. Kräftige Arme zogen mich, bis ich saß. Der Schleier vor meinen Augen löste sich und ich sah einen kräftigen Mann vor mir knien. Er war in eine Jeans und ein sportliches T-Shirt gehüllt. Ich schüttelte den Kopf und vertrieb so die Schlieren und das Schwarz vor meinen Augen.
Dann erkannte ich Johnny vor mir. Er hatte mich auf die harte Tour geweckt, wie ich merkte. Offensichtlich hatte Wasser dazu nicht ausgereicht, denn mein T-Shirt war klitschnass. „Was ist los?“, fragte ich mich und starrte in verschiedene Gesichter, die mich neugierig ansahen.
Da standen neben Maria und Thoralf samt Schwester auch noch Eric und Jeri. Die zwei Anzugträger lagen auf dem Bauch. Man hatte ihnen die Hände mit ihrem eigenen Kabelbinder, so wie die Fußgelenke verschnürt.
„Wir haben euch gefunden.“, stellte Johnny ziemlich einfach fest und schaute mir tief in die Augen, um meinen Zustand zu prüfen. „Wie geht es dir?“

Dann leuchtete er mich mit einer Taschenlampe so an, dass es blendete. „Ja, gut. Mach das Licht weg.“, gab ich von mir und erhob mich.
Die wackeligen Beine trugen mich und ich sah ein Lächeln bei meinen Freunden. Thoralf ließ sich als erstes zu einer Erklärung herab: „Sie haben sich durch die Security am Eingang gekämpft und unseren letzten Standpunkt mit Erics iPhone ermittelt. Als Johnny die Türe auftrat, warf ich mich auf eine der Wachen. Maria half mir. Jeri beförderte den anderen mit einem gezielten Site-Kick zu Boden.“

„Dann nichts wie weg!“, stellte ich fest und sah dankbar in die Runde.
Aber Eric schüttelte den Kopf. „Das geht nicht. Auch wenn die sicherlich bald mit einer kleinen Privatarmee anrücken. Wir haben uns darauf geeinigt, dass wir unbedingt den Zugang zu einem ihrer lokalen PCs brauchen.“
„Wieso das dann?“, fragte ich völlig verdattert. „Wir haben doch Zugang zum System.“
Johnny klärte mich auf, bevor Eric es konnte: „Ja, das schon. Aber das System ist ja Teil des Theaters von Chiang-Shih. Im System konnten wir nicht rausfinden, wer nun Vampir ist und wer zur Organisation als solches gehört. Und Maria hatte gerade die geniale Idee, dass wir den sozusagen echten Vampiren eine Email schicken könnten, in denen wir sie aufklären und zum Kampf gegen die Organisation aufrufen. Dazu müssen wir aber wissen, an wen diese Email gehen darf. Würde Chiang-Shih sie auch bekommen, wär der Plan Geschichte.“
„Genug jetzt!“, befahl Thoralf. „Labern können wir später. Lasst uns einen Rechner suchen, das Teil knacken und verschwinden. Ich will meinen Kopf nicht unnötig lang für euren waghalsigen Plan aufs Spiel setzen!“

Er hatte Recht. Wir verließen den Folterraum und verschlossen die Tür hinter uns. Dann suchten wir gemeinsam den Gang vor uns ab. Johnny verteilte sein Waffenarsenal an uns. Jeder erhielt ein Schwert oder eine Axt. Eric und Johnny behielten die zwei P99 für sich. Bei ihnen war sie aufgrund ihrer langen Softairerfahrung am besten aufgehoben.
Die meisten Türen in dem kaltweißen Gang waren seltsamerweise offen. Doch die Räume waren leer. Voller Angst vor dem Kommenden beeilten wir uns, so gut es ging.
Irgendwann entdeckte Jeri eine verschlossene Tür. „Zur Seite!“, befahl Johnny und richtete den Lauf der Walther auf das Schloss.
Dann schoss er. Die Kugel prallte an dem Türschloss ab und schlug in die Wand dicht neben Johnny. Hätte er ganz gerade geschossen, wäre er getroffen worden. „Ui, das war ein knapper Querschläger!“, flüsterte Johnny.
Aber er ließ uns keine Zeit, uns von dem Schock zu erholen. Mit Anlauf sprang er gegen die Tür und trat sie mit einem gezielten Tritt auf.

Zu unserer Freude stand in dem Raum tatsächlich ein Computer. Eric drückte seine Waffe Jeri in die Hand und setzte sich vor den PC. „Bewacht den Eingang!“, sagte er.
Für meinen Geschmack fuhr der Rechner viel zu langsam hoch. „Ha, da ist ja immer noch Windows 2000 drauf. Was für ein Schrott. Da kann man bei der Benutzerkennung mit Abbrechen und ein paar Kniffen jeden Schutz umgehen! Einfacher als die Kindersicherungen, die uns früher zuhause vom Zocken abhalten sollten!“, lachte er.
Es dauerte auch gar nicht lange, da hatte er den altmodisch anmutenden Rechner geknackt. Er klickte sich in das lokale Netzwerk und stellte fest, dass es viele Rechner in dem Gebäude gab, die am Intranet angeschlossen waren. „Geh mal hier auf geteilte Dateien. Und hier auf Geschäfte.“, navigierte ihn Maria, die irgendwie ein Gespür für die richtigen Ordner hatte.

Und tatsächlich dauerte es nicht lang und Eric öffnete eine Excel-Datei, die den verheißungsvollen Namen „Kunden“ trug. Eric scrollte die Liste von verschiedenen Namen, wie „Marcel Frank, alias Dexter“, herunter. Und tatsächlich waren es 465 Namen, die eingetragen waren. Fein säuberlich waren alle möglichen Informationen aufgeführt, wie Geburtsdatum, Wohnort, Abschlüsse, Hobbies, Kontaktpersonen, Familie und so fort. Sogar die Anzahl und die Daten der bestellten Blutpräparate waren vermerkt.
„Geile Datei! Schick sie sofort an unsere Emails, die kennt Chiang-Shih sowieso schon!“, grinste Thoralf.

Eric gehorchte und löschte die Email samt Anhang anschließend. Dann fuhr er den Rechner ordnungsgemäß wieder runter. Er konnte es einfach nicht leiden, wenn jemand schlecht mit technischen Geräten umging.
„Jetzt aber nichts wie raus!“, befahl Johnny und alle folgten ihm sofort.

Eric ließ sich seine Pistole wieder geben. Gemeinsam mit Johnny bildete er die Vorhut. Johnny steuerte uns gekonnt durch das Wirrwarr an Gängen, bis wir über eine kleine Treppe hinunter kamen. Unten gab es eine Notausgangstüre. Johnny öffnete sie trotz des schrillen Alarms und hielt uns anderen die Tür auf.
Wir rannten nach draußen über einen dunklen Parkplatz, der nach einem Firmengelände aussah, auf eine Mauer zu. „Da müssen wir drüber klettern. Dahinter parkt das Auto!“, befahl Johnny und spähte in der Dunkelheit der Nacht nach Feinden.
Ein Blick auf meine Uhr verriet mir, dass es sechs Uhr morgens war. Bald würde die Sonne aufgehen.

Plötzlich hörte man wildes Bellen. Männer, die ebenfalls schwarze Anzüge trugen und Waffen bei sich hatten, leuchteten mit Taschenlampen nach uns. Dann ließen sie ihre Dobermänner von den Leinen. „Die werden uns zerfleischen!“, rief ich ängstlich und klammerte den Griff meines japanischen Schwertes umso fester.

Die feindlichen Männer gaben aus ihren Pistolen Schüsse auf uns ab, trafen uns aber nicht, da sie noch zu weit weg waren. Dafür kamen ihre Hunde immer näher. Es waren etwa fünfzehn. Sie würden uns erreichen, ehe wir alle auf die Mauer geklettert waren, das war sicher. Ich, Maria und Tamara würden es definitiv nicht mehr schaffen, auch wenn Thoralf, der bereits an der drei Meter hohen Mauer angekommen war, mit den Händen für uns schon eine Räuberleiter formte.
Eric und Johnny stiegen mit den Füßen in Thoralfs Hände und ließen sich nacheinander nach oben wuchten. Sie zogen sich mit den Händen hoch, ohne die Pistolen loszulassen. Oben auf der Mauer knieten sie sich hin und zielten auf die Dobermänner. Krachend lösten sich Schüsse und streckten die ersten Köter nieder. Ich jubelte leise. Jeri kletterte die Mauer hoch. Die Hunde kamen deutlich näher. Doch da die P99 keine manuelle Sicherung besaßen, konnten Eric und Johnny erneut feuern. Wieder streckten sie zielsicher zwei weitere Dobermänner zu Boden. Jetzt zog Jeri Tamara zu sich hoch. Die Hunde hatten uns beinahe erreicht. Wieder knallten zwei Schüsse in der Nähe und weitere in der Ferne. Die beschissen Männer von Chiang-Shih waren fast so nah, dass ihre Schüsse treffen konnten!

Klick, Klick!
Dieses Mal war nur einer der Hunde getroffen worden und überschlug sich in seinem Lauf, bis er liegen blieb. Immer noch zehn Hunde waren übrig. Mit lautem Knurren und gefletschten Zähnen sprangen sie auf mich zu. Jetzt schob Thoralf auch Maria nach oben. Ich konnte nicht anders. Ich musste das Schwert aus der Scheide ziehen. Mit einem lauten Schrei und einem kurzen Stoßgebet auf den Lippen schlug ich nach dem vordersten Dobermann. Knirschend glitt das Metall an dem Schädel ab, brachte dem Hund aber eine solche Wunde bei, dass er heulend zurück wich.
Aus den Augenwinkeln sah ich, wie die anderen Thoralf die Hände entgegenstreckten und ihn hochzogen, bevor ihn die Hunde erreichten. Ich war allein. Wieder schwang ich mein Schwert und traf einen Dobermann gerade noch, bevor er mir in die Kehle beißen konnte. Schüsse krachten und zwei weitere Hunde krachten auf den Boden. Jetzt schlugen auch die Kugeln der Feinde sehr nahe bei mir ein. Auch auf die Freunde auf der Mauer wurde geschossen. Mit ganzer Kraft schleuderte ich das Schwert in die Richtung der übrigen Hunde. Dann sprang ich zur Mauer und riss die Arme nach oben. Gleich sechs Arme streckten sich zu mir herunter. Gerade als ich absprang, spürte ich einen reißenden Schmerz im Fußgelenk. Ein Dobermann schlug mir die spitzen Zähne ins Fleisch. Ich schrie auf und hätte beinahe losgelassen, aber Jeris starker Griff ließ nicht los. Der Schmerz brannte in meinem ganzen Bein, ja ich konnte es nicht einmal mehr bewegen. Mit vereinen Kräften hievten mich die anderen nach oben. Der Dobermann ließ nicht los. Kugeln schlugen direkt neben meinem Kopf und meinen Beinen in die Wand. Die Feinde waren stehen geblieben und zielten auf uns. Ich hörte, wie eine Kugel spritzend in weiches Fleisch drang. Der Dobermann an meinem Bein heulte auf und ließ endlich los. Wieder schossen Wellen der Schmerzen durch mein rechtes Bein.

Endlich schafften es die anderen, mich auf die Mauer zu ziehen. Johnny und Eric sandten noch zwei Warnschüsse zu den Gegnern, während Thoralf schon auf der anderen Mauerseite herabsprang. Er half den anderen herab. Johnny hievte mich zu den anderen herunter, die mich in Empfang nahmen. Unten angekommen legte Jeri mich per Sanitätergriff über die Schulter. Johnny und Eric sprangen herab und federten sich auf dem weichen Erdboden ab. Eric steckte die Knarre in die Jeans und zog einen Autoschlüssel. Er drückte auf Fernsteuerung und ich sah dreißig Meter vor uns ein Auto aufleuchten. So schnell es nur irgend ging, sprinteten wir zum Auto. Johnny hielt Jeri die Tür auf, der mich hinein wuchtete und dann hinterher krabbelte. Johnny stieg durch den Kofferraum nach Maria hinein. Und Eric ließ den Motor an. Er startet mit quietschenden Reifen. Gerade noch rechtzeitig, wie ich im Rückspiegel sah. Die ersten Wachmänner waren ebenfalls auf der Mauer angekommen. Bald eröffneten sie das Feuer. Eine Kugel traf das Glas im Kofferraum und blieb in einem Sitz stecken. Alle außer Eric kauerten sich auf den Boden des Autos. Zwei weitere Kugeln flogen durch das bruchsichere Glas und hinterließen runde Löcher. Aber getroffen wurde keiner, als wir endlich aus der Reichweite gekommen waren. Eric gönnte dem Motor keine Pause. Er beschleunigte, so sehr es die Straße in dem Industriegebiet zuließ. Dann bog er auf eine Straße nach rechts und später wieder nach links. Völlig geschockt atmeten wir alle laut aus. Unsere Herzen schlugen uns bis zum Hals, meins ganz besonders. Jeden Schlag konnte ich an dem Pochen meines Beines spüren. Es schmerzte furchtbar.

Jeri sah sich die Wunde an, während Eric auf eine größere Hauptstraße abbog, die aus dem Industriegebiet auf die Straßen Berlins führte. „Sei froh, dass es kein Mensch war, der sich in dein Bein verbissen hat. Dann wäre die Infektionsgefahr wesentlich größer!“, sagte er. „Aber keine Angst, es ist keine wichtige Ader verletzt worden. Es wird sehr stark weh tun, aber dein Bein wirst du sicher nicht verlieren. Es ist eine Fleischwunde. Der Knochen wurde wohl nicht verletzt.“
Thoralf drehte sich vom Beifahrersitz zu mir zur Rückbank. „Hier, ein paar Aspirin. Die lagen vorne in eurer Ablage.“
Dankbar schluckte ich drei der Tabletten mit einem Schluck schalen Wassers, das aus einer Flasche unter der Rückbank kam.

Während Eric durch die Straßen von Berlin fuhr, um mögliche Verfolger abzuschütteln, simste Maria dem Krankenhaus, um nach dem verletzen Chiang-Shih-Chef im Kellergebäude zu sehen. Als sie gerade fertig war, stellte Johnny die Frage, die uns allen unter den Nägeln brannte: „Und was nun? Wir haben die Liste!“
Eric konzentrierte sich auf möglichst unauffälliges Verhalten im Straßenverkehr, während er sagte: „Maria hat doch ihr Smartphone dabei. Da ist die Email mit der Liste sicher schon angekommen. Maria kann eine Email an diese Liste schreiben. Wir müssen die Vampire darüber aufklären, dass sie aufs bitterste verarscht worden sind. Wir erklären ihnen, wie die Blutpräparate funktionieren und geben ihnen Tipps, wie sie die Sucht überwinden können. Wir rufen sie auf, nach Berlin zu kommen. Bis dahin haben wir sicherlich die Kunden von den Tätern im System getrennt und wissen, wer zu den Bösen gehört. Wir können den Vampiren dann genau nennen, wer die Verantwortlichen sind. Gemeinsam können wir Chiang-Shih ein für alle Mal den Gar aus machen!“
„Bei der Gelegenheit kannst du unseren Eltern gleich Bescheid sagen, dass es uns gut geht, aber wir weg mussten, um einem kranken Freund zu helfen. Wir klären sie später auf.“, ergänzte Johnny.
„Ok, was soll ich schreiben?“, hakte Maria nach und zwang uns alle, unsere Gedanken zu konzentrieren.

Gemeinsam erarbeiteten wir folgendes Schreiben: „Sehr geehrte Vampire der Gilde Chiang-Shih, Chiang-Shih ist ein Betrug! Die Blutpräparate, die ihr zu euch nehmt sind keine Lösung, sondern Ursache des Problems. Dies ist kein Scherz! Wir haben die Pillen untersucht und mit Doktor Weinberg dem Chef der Chiang-Shih GmbH gesprochen. Sie sind in drei Schichten aufgebaut und enthalten erstens pH-Senker für das Wiederintaktwerdens des Magens und zweitens Suchtmittel, von denen Entzugserscheinungen kommen, und drittens eine Mischung aus Pepstatin und Iodacetat, die die Magensäurebildung hemmt und so die Verdauung von Eiweißen durch Pepsin unmöglich macht. Die Wirkung der inneren Schicht setzt erst einige Tage später ein, wenn die äußeren Schichten verdaut wurden. Wenn ihr uns nicht glaubt, probiert es aus und zerschneidet eine Pille! Ihr solltet aufhören, die Blutpräparate zu essen, sie machen euch noch abhängiger! Die Suchtmittel in ihnen bestehen v.a. aus Nikotin, Coffein und Speed, sind also nicht so halluzinogen, außer beim Entzug. Es besteht eine Gefahr der Psychochose beim plötzlichen Absetzen. Besser als ein Kalter Entzug, ist das langsame Absetzen mit immer geringeren Dosen. Ihr könnt zur Unterstützung zum Beispiel Naltrexon verwenden, das man unter dem Namen Adepend bekommt (Achtung vor Überdosis!). Nach wenigen Tagen wird euer Magen auch ohne Präparate wiederhergestellt sein und ihr könnt normale Nahrung zu euch nehmen! Beschleunigen könnt ihr den Vorgang mit Phytalin und Hydrochlorsäure! Es gibt keinen Vampirismus! Es ist alles eine Täuschung!
Testet selbst aus, ob wir Recht haben oder nicht. Chiang-Shih beutet euch auf das Übelste aus! Wir werden euch bald eine weitere Email schicken, in der wir die Namen aller derer nennen, die bei Chiang-Shih arbeiten und sich nicht für Vampire halten, weil sie die Droge nicht nehmen! Wir schicken euch den Verteiler offen. Nehmt unter einander Kontakt auf und sp Recht euch ab, um zu sehen, dass wir Recht haben.
Wir melden uns bald wieder!

Gezeichnet, Thoralf der Vampirjäger, Eric der Hacker und Dave der Dr. Darwin samt Freunden.“

Maria schickte die Email an die Emailliste aus der Datei und zur Sicherheit auch an alle 207 Namen aus der Excel-Datei, die gleichzeitig im Chiang-Shih-System vorkamen. Nach einem Abgleich, der etwa eine Stunde dauerte, und während dem Eric an einer Tankstelle angehalten und den Tank nachgefüllt hatte, hatten wir dank Admin-Passwort alle 53 Namen beisammen, die zwar im System aber nicht in der Kundenliste auftauchten. Maria ordnete alle Namen alphabetisch auf einem Laptop, den Eric mitgebracht hatte und der über einen Internetstick Internet hatte, von Andreas Brunhard bis Zedekia Josef. Wir holten uns in der Tanke etwas Essen und Trinken, während Maria und Eric mit dem Laptop und dem iPhone die Namen googleten. Anhand des im System angegebenen Geburtsdatum und dem zugeordneten Ort konnten sie nach und nach den Namen sogar Adressen zuordnen.

Johnny schlürfte einen Kaffee to go aus einem Pappbecher und meinte: „Seht ihr, wir haben 49 der Namen eine Adresse zugeordnet. Und Dr. Weinberg tauchte zwar nicht im System auf, er wäre auch schön blöd, aber seine Adresse lässt sich ja einfach auf der Firmenhomepage der Chiang-Shih GmbH finden. Also, ich bin dafür, wir schicken den angeblichen Blutsaugern ihre Adressen. Wenn ich mich nicht irre, dann werden in den nächsten Tagen viele Todesanzeigen in den Zeitungen auftauchen. Es reicht ja schon wenn nur zehn von den 465 Vampiren uns glauben und Rachegefühle verspüren, weil sie ihr ganzes Leben, ihre Familien und zehntausende Euro der großen Lüge geopfert haben. Unsere Email-Datei wäre sozusagen eine schwarze Liste und wir müssten nichts tun, als unterzutauchen und abzuwarten.“

Thoralf nickte und grinste. „Da bin ich deiner Meinung. Sollen die Schweine ruhig bluten. Spätestens, wenn die Vampire merken, dass sie zwar ohne Pillen mithilfe von Phytalin wieder normale Nahrung verdauen können, aber den Suchtentzug durchmachen, werden sie durchdrehen. Noch bevor sie wirklich clean sind, wären die 49 Namen samt Dr. Weinberg Geschichte!“

Z-matsch!
Jeri knallte seinen Hotdog wütend auf den Boden, so dass der Ketchup die meisten von uns anspritzte, mich ausgenommen, da ich wegen meines Beins noch auf der Rückbank. „Ihr habt sie wohl nicht mehr alle! Ihr wollt einen Krieg vom Zaun brechen, der hunderte Tote fordern könnte. Wir wissen doch, dass die Chiang-Shih Mitarbeiter über Security verfügen und außerdem über viel Geld. Sicherlich wird es unter fast fünfhundert Vampiren einen geben, der die Organisation warnt. Sie werden sich mit Waffen eindecken und die Vampire erwarten. Wollt ihr wirklich mitten in Berlin, wo die meisten von Chiang-Shih unseren Recherchen zufolge wohnen, einen Krieg mit Hunderten Opfern? Und denkt an eure Familie! Meint ihr, dass eure Eltern und Yoda unversehrt bleiben. Ihr müsstet sie sofort in Sicherheit bringen. Hättet ihr sowieso schon tun sollen!“

So in Rage hatten wir Jeri noch nie erlebt. Keiner wagte, etwas zu erwidern und so hörten wir ihm gebannt zu, während er weitersprach: „Doch damit nicht genug. Auch ihr wäret nirgendwo mehr sicher, wenn auch nur einer von Chiang-Shih überlebt und flieht. Das Geld könnte er retten und euch Kopfgeldjäger ohne Ende auf den Hals hetzten. Ich sage euch was, ich glaube im Gegensatz zu euch nicht nur an Gott, sondern auch an die Gerechtigkeit. Ich glaube daran, dass die Polizei alles aufklären könnte, wenn wir ihr helfen würden. Wir haben Namen und Adressen. Wir haben das System geknackt. Eric hat, während Maria und Dave weg waren, alle anderen Admins rausgeschmissen, damit nur wir die Kontrolle haben. Wir haben in Marc einen Zeugen im Charité, wo Thoralf ihn abgeliefert hat. Wir haben das Waterbording-Video von Tamara. Wir haben die Schusslöcher in den Autos. Ich weiß, was alles passiert ist, und dass Menschen gestorben sind. Thoralf hat ja sogar einen der falschen Vampire beerdigt. Aber es war reine Notwehr. Unsere Richter werden das so sehen. Wir sollten uns der Polizei stellen und alles offen legen. Die Nachrichten werden das Thema hoch und runter spielen. Jeder Vampir wird Bescheid wissen und jeder von Chiang-Shih wird verstehen, dass sie aufgeflogen sind. Es gibt keinen Grund, euch weiter zu verfolgen, die Sache ist geplatzt. Es ist vorbei. Was geschehen ist, können wir nicht rückgängig machen. Tote werden nicht lebendig. Aber Leute, es gibt Gerechtigkeit! Hier und in Ewigkeit. Ich weiß, dass ihr denkt, lass den Theologiestudent nur reden, aber das muss ich euch sagen: Auf dieser Erde geschieht nichts, was nicht von Gott gestattet wird. Gutes und Schlechtes. Freud und Leid. Gott lässt es zu, um uns unseren freien Willen zu lassen. Er erschuf uns mit der Chance, uns für das Gute, ja, für ihn, oder für das Böse zu entscheiden. Vampire erschuf er keine und auch die Evolution hat sie nie zustande gebracht und wird es auch niemals tun, völlig egal, was Dave sich noch für abstruse Theorien einfallen lässt und im Netz verbreitet. Aber es ist wahr, dass es viel mehr gibt, als wir für möglich halten. Statt den Wunschgestalten unserer Fantasie, egal ob Vampire oder Elfen, gab es tatsächlich einen perfekten Menschen. Es war Jesus Christus, der Sohn Gottes, der vor über zweitausend Jahren auf die Erde kam, um den Menschen von Gottes Liebe zu erzählen. Er lebte das perfekte Leben. Aber auch er war nicht unsterblich, man kreuzigte ihn. Und am Kreuz starb er stellvertretend für alle unsere Schuld, so dass wir wieder Frieden mit Gott haben können, wenn wir daran glauben und im Gebet um Vergebung bitten. Gott erweckte seinen Sohn an Ostern wieder auf und nun herrscht er zur Rechten Gottes im Himmel und wird am Jüngsten Gericht alle Menschen richten, auf dass alle, die an ihn glauben, ewiges Leben haben werden! Könnt ihr eine solche Todesliste vor einem irdischen und himmlischen Gericht rechtfertigen? Ich jedenfalls kann es nicht! Ich bitte euch, lasst Gnade walten, ringt um Vergebung und lasst nicht zu, dass aus Bösem noch schlimmeres erwächst!“

Jeri sah in die Runde und wir staunten. Eine solche Rede hatten wir ihm gar nicht zugetraut. Und dabei wusste ich ganz genau, dass er Recht hatte! Mit allem. Er hatte vollkommen Recht. Ich würde mich von den anderen nicht mehr vom Gegenteil überzeugen lassen. Wir würden sofort Marc im Krankenhaus besuchen, unsere Eltern anrufen und sie dazu überreden, ein paar Tage zu verschwinden, um dann sofort und unverzüglich zur Polizei zu gehen. Sicher würden sie uns zuerst nicht glauben, aber die Pistolen und das Video von Tamara, was Thoralf in seinem Postfach hatte, würde sie sicherlich eines Besseren belehren!

Nach einer hitzigen Diskussion schlossen sich die anderen schließlich Jeri und mir an. Wir fuhren zu Marc ins Krankenhaus, dem es Gott sei Dank – und so meinte ich es dieses Mal wirklich – besser ging. Der Notarzt sah sich auch mein Bein an und gab mir eine Wundsalbe. Das Problem würde sich von alleine lösen. Dann machten wir uns auf zum Polizeipräsidium, wo wir uns darauf einigten, dass ich im Auto warten würde. Im Notfall musste einer sicherstellen, dass Marc und unsere Eltern untertauchten, falls man uns für wahnsinnig halten und einsperren sollte.

Nun sitze ich hier auf dem Fahrersitz des Autos auf einem Parkplatz gegenüber dem Polizeipräsidium. Während ich diese Geschichte zu Ende schreibe, spähe ich immer einmal zum Haupteingang, doch noch hat sich keiner blicken lassen und meine Freunde waren schon seit vier Stunden in dem Polizeipräsidium. Offensichtlich, war noch keiner der Polizisten gekommen, um mich zu verhaften. Und sollte das doch passieren, ist es umso wichtiger, dass ich diesen Blogeintrag so schnell wie möglich online stellte, damit ihn jeder lesen und sich von der Wahrheit überzeugen kann.

Langsam steigt die Angst in mir hoch, ob doch etwas schief gelaufen ist? Doch gerade summt mein Handy. Ich habe eine Nachricht bekommen. Sie ist von Maria. In der SMS steht: „Sie glauben uns! :) Sie schicken schon das SEK, um die Band vorläufig festzunehmen. Wir haben es geschafft. Es ist vorbei!“




17. Die Wahrheit



17. Blogeintrag
Die Wahrheit

Mein Kopf schmerzte von der Wunde. Erst nach und nach kehrte mein Bewusstsein zurück. Es war dunkel um mich und kalt. Ganz offensichtlich befand ich mich in einer Lagerhalle, in der irgendwelche Kisten gestapelt waren. Mein Kopf pochte und dröhnte. Dann erinnerte ich mich, dass Maria ja bei mir gewesen war. Ich spähte in die Finsternis und konnte schließlich jemanden ausmachen, der ebenfalls auf dem Boden lag. Da meine Hände in Handschellen auf dem Rücken gefangen waren, nahm ich an, dass es bei ihr genau so war.

Plötzlich klickte ein Lichtschalter und kalte Flutstrahler erleuchteten die graue Lagerhalle. Eine Gestalt kam auf mich zu. Es war ein Mann Mitte vierzig mit perfekt gestylten Haaren, einem glatt rasierten Gesicht und einem Maßanzug. Eine dunkelrote Krawatte vervollständigte das Bild des Managers. Der Mann grinste ein wenig. Aus seinem schon fast zu perfekten Gesicht strahlte die blanke Bosheit. „Wer seid ihr? Was wollt ihr von uns?“, fragte ich mit zitternder Stimme.
Der Manager kam auf mich zu. Er stupste mich mit seinen teuren Lederschuhen an und strich sich dann mit den Fingern übers Kinn. „Du bist also Dave, den man unter Vampiren nur Doktor Darwin nennt. Was genau wisst ihr?“, sagte er mit sanfter Stimme in falscher Güte.

War es schlauer, die Wahrheit zu verschweigen oder damit herauszurücken? Ich wusste es nicht. Also schwieg ich, bis mir etwas einfiel. Der Manager winkte mit der Hand zu jemandem, den ich wegen meiner gefesselten Bauchlage nicht erkennen konnte. Eine Hand griff an meine Schulter und drehte mich auf den Rücken. Unvermittelt schaute ich auf den Bolzen in einer gespannten Armbrust. Meine Blicke wanderten an dem Bolzen zur gespannten Sehne, über den Finger am Abzug über den Arm heran und starrten mitten in ein vertrautes Gesicht: Es war Thorlaf! Entschlossen sah er mich an. „Los, beantworte ihm seine Frage!“, knurrte er und wies auf den eiskalten Kerl im Anzug.

Ich war so geschockt, dass ich gar nicht anders konnte, als zu sprechen. Ich erzählte, wie alles angefangen hatte. Ich erzählte, wie wir bedroht worden waren, kämpfen mussten. Ich erzähle von unseren Experimenten, meinen Recherchen und meinem festen Glauben daran, dass es sich um Drogen handelte. Immerhin konnte ich mich trotz der erschreckenden Erkenntnis, Thoralf vor mir als Handlanger des Bösen zu haben, verschweigen, dass wir das System vollends geknackt und die Anzahl der Vampire mit wenigen Hundert einschätzen. Dass wir Marc bei uns hatten, brauchte ich kaum zu verschweigen, immerhin hatten sie ihn auch bekommen. „Wo ist Marc? Was habt ihr mit ihm gemacht?“, fragte ich zornig.
„Er ist unterwegs im Auto gestorben. Er hat zu viel Blut verloren.“, erklärte Thoralf tonlos, ohne eine Regung von Mitgefühl.
Der Manager zuckte mit den Schultern: „Nun, so ist das. Auch Vampire sterben, erst recht, wenn sie sich von uns abwenden und zu Verrätern werden!“
Ich konnte den Zorn über diese Verachtung von Marcs Leben nicht länger zurückhalten. „Ihr beide habt sie wohl nicht mehr alle. Er war ein Mensch wie wir alle. Ihr habt ihm das erst angetan, ihr und eure fanatische Dealerbande der Chiang-Shih!“

Der Manager lachte. Auch wenn ich bisher nur Vermutungen angestellt hatte, so erlangte ich nun Gewissheit, als der Mann sagte: „Ganz richtig. Und die eigentliche Beute sind bei der ganzen Geschichte die Jäger. Ist das nicht genial? Vampire beherrschen die Literatur. Hunderte voller einsamer Frauen sehnen sich nach einem unsterblichen, wunderschönen und starken, aber doch geheimnisvollen Vampir an ihrer Seite und lassen sich darüber in schnulzigen Büchern und Filmen aus. Und Millionen von Fans folgen ihren Wünschen. Vampire sind der Mediencoup des Jahrzehnts. Erst hielt ich es für einen schlechten Witz, als mich ein Pharmaziedoktorand namens Eisschmitt eines Tages anrief und mir diese Geschäftsidee unterbreitete. Durch langsam sich zersetzende Kapseln war sein Plan möglich geworden. Nachdem er wegen eines Plagiats bei der Doktorarbeit von der Uni geflogen war, arbeitete er für mich. Wir gründeten das Unternehmen Chiang-Shih. Mit günstigen Drogen und Säurehemmern zwangen wir die leichtgläubigen Vampire in die Abhängigkeit. Ich habe mich bei den Methoden von modernen Technik-Sekten bedient, um zu lernen, wie man Menschen intensiv in eine Gemeinschaft einbindet. Jeder unserer selbsternannten Vampire wurde von uns vorher genaustens untersucht. Wir wählten nur solche Klienten aus, die eine Affinität zu Vampiren hatten. Als einer unserer Mitarbeiter sie in den Hals biss, ihnen unsere Blutmedizin einflößte und ihnen die Story von einer Verwandlung präsentierte, hat ihnen noch jeder geglaubt…“

Wie versteinert starrte ich den perfekt gekleideten Mann an, der sich immer mehr in Rage redete. Man spürte ihm ab, wie sehr von sich selbst überzeugt war und sich an seiner eigenen Genialität ergötzte. „Das Geschäftsmodell war geradezu ein Selbstläufer. Wir mussten nur noch einen Internetshop erschaffen, den wir als Medium und Forum der Chiang-Shih Vampirgilde tarnten, die es angeblich weltweit gibt. Man muss schließlich authentisch sein. Unsere Vampire kauften treu unsere Medikamente, die ihnen in Wirklichkeit das Verdauen normaler Nahrung verhindern. Pepstatin, Iodacetat und andere Substanzen sind dabei. Und wenn sich unsere Kunden das Zeug nicht leisten konnten oder Zweifel hatten, dann trieb sie der Entzug der Kombination verschiedener Drogen, die man leicht beschaffen kann, aber keinen zu starken Rausch oder einen schnellen Tod verursachen, wie Koffein, Nikotin und Speed, schnell wieder zurück zu unseren sogenannten Blutpräparaten. Auch Marc wäre wieder angekrochen gekommen, wenn ihr ihm nicht die Augen geöffnet hättet.“

Mir wurde übel bei so viel bösartiger Selbstherrlichkeit. Am liebsten hätte ich dem Kerl die glattrasierte Schnauze eingeschlagen. Aber die Handschellen und vor allem Thoralfs Armbrust hielten mich davon ab. Der Manager war so von sich berauscht, dass er ich nicht weiter beachtete und weiter faselte: „Ja, im Grunde habt ihr beiden, Thoralf und du, mir einen riesigen Gefallen getan. Ich verbreitete in unserem Netzwerk Links zu euren Posts. Es sprach sich wie ein Lauffeuer unter den Vampiren herum, dass nun echte Wissenschaftler daran waren, den Vampirismus zu erforschen. Es klang so glaubwürdig, dass selbst die gebildetsten Vampire darauf hereinfielen. Wir fachten die Diskussion in unserem Forum an und irgendwann war man sich einig, dass ihr eine zu große Gefahr für uns darstellt, weil die Menschen euch am Ende glauben würden. Natürlich gab es auch einige, die euch forschen lassen wollten, um zu erfahren, was es mit ihrem Vampirismus auf sich hatte. Aber diese Idioten haben wir zum Schweigen gebracht. Also habe ich Steve und seine Gruppe angesetzt. Dass ihr beide das überlebt, war dabei nicht vorgesehen. Aber es hätte auch nicht weiter gestört, wenn Eric sich nicht in unser System gehackt hätte. Natürlich haben wir es gemerkt und euch abermals angreifen lassen und Marc auf euch angesetzt. Auch das habt ihr dank Thoralf überlebt. Uns wurde klar, dass ihr langsam an den Kern der Sache kam. Als Marc dann auch noch verschwand, wussten wir, dass wir ihn bei euch finden würden. Aber ich muss euch gratulieren. Ihr habt euch wirklich besser geschlagen, als es zu erwarten war. Ihr habt alle Nüsse geknackt. Eigentlich schade, dass ihr so verbohrt seid. Sonst könnten wir einen wie dich und auch Eric gut gebrauchen. Mit euch würde uns jeder Vampir auf ewig gehorsam sein. Wir hätten die wissenschaftliche Begründung, die wir unter die Vampire streuen könnten. Du könntest dir bei so viel Phantasie sicher auch eine noch bessere Begründung einfallen lassen, warum Blutpräparate unumgänglich sind.“

Der Manager sah mich interessiert an, als warte er auf etwas. Als ich nicht reagierte hackte er nach: „Was hättest du denn für einen Preis? Ich würde dir jährlich eine Millionen Euro zahlen, wenn du für uns arbeitest. Vorausgesetzt natürlich, dass deine Geschwister und euer Freund Jeri den Mund halten können.“
Wütend spuckte ich auf den staubigen Lagerboden. „Niemals! Ihr seid Mörder und Drogenbosse, wie es schlimmere keine gibt. Ihr seid die wahren Blutsauger. Irgendwann wird sich jemand finden, der euch auf einen…“
Thoralf stupste mich leicht mit dem Fuß, so dass es der Manager nicht sehen konnte. Offensichtlich wollte er mir andeuten, dass es nicht gut war, den Satz zu Ende zu führen, der damit geendet hätte, die Schurken auf Pfählen aufzuspießen, wie man es früher mit Vampiren tat.

„Aber, aber. Wer wird denn…? Ich erhöhe mein Angebot. Deine Familie kriegt sofort zehn Millionen, wenn sie die Klappe hält und Eric und du auch nur ein Jahr für uns arbeiten. Jeder hat schließlich seinen Preis. Oder ist es bei dir der Ruhm? Den würdest du unter allen Vampiren haben. Wir würden dich zu einem Professor gleich Einstein für sie stilisieren. Wir würden dafür sorgen, dass du dein Studium mit magna cum laude abschließt, eine Doktoranten-Stelle und eine Professur bekommst und dann ein eigenes Institut am MPI. Unsere Arme reichen weit, Geld und Einfluss haben wir wie Sand am Meer. Ist es das, was du willst?“

Ich knirschte mit den Zähnen. Aber der Kerl hörte nicht auf. „Oder ist es mehr? Ist es etwa das Geld, der Ruhm, die wissenschaftliche Karriere und noch mehr? Willst du schöne Frauen und eine Jacht? Komm schon. Du wirst einen Preis haben, jeder hat den. Auch Thoralf…“, der Manager grinste bittersüß und lachte hämisch.

Bevor ich begriff, was vor sich ging, hörte ich ein Klacken. Es zischte kurz und ein Bolzen sirrte durch die Luft. Das makellos weiße Hemd des Managers färbte sich rot. Er taumelte und fiel dann rückwärts auf den Betonboden. Nur noch ein leises Röcheln war von ihm zu hören. „Das ist für meine Schwester Tamara du Arsch!“, brüllte Thoralf und rannte auf ihm zu.
Er hatte seinen großen Jagddolch gezückt und würde ihn dem Mann sicher in das Herz stoßen. „Warte, Thoralf. Er ist immer noch ein Mensch! Befrei uns lieber, wenn du der Alte bist.“, rief ich hastig.

Thoralf stockte in seinem Lauf und drehte sich um: „Mann, das bin ich. Natürlich bin ich der Alte. Ich musste euch entführen, weil sie meine Schwester haben. Sie haben angefangen, sie zu foltern und mir ein Video davon geschickt.“
Schnell suchten seine Finger in den Hosentaschen des nach Luft japsenden Managers und fischten einen Schlüssel hervor. Dann kam er zu mir und schloss mir die Hände frei. Er streckte mir die Hand hin und zog mich hoch. Ich bedankte mich kurz und zog ihm den Schlüssel aus der Hand, um zu Maria zu rennen, die sich die ganze Zeit nicht bewegt hatte. „Keine Angst. Sie ist nur bewusstlos. Es geht ihr gut, ich habe aufgepasst.“

Ich tätschelte Maria die Wange und sprach auf sie ein. Als ich merkte, dass sie wieder zu Bewusstsein kam, beeilte ich mich, ihre Handschellen ebenfalls aufzuschließen. Maria schlug die Augen auf. „Wo, wo ist Marc?“, fragte sie panisch und sah sich um.
„Keine Angst. Der ist im Charité. Er wird es schaffen. Ich habe den Schweinen erzählt, er sei auf der Fahrt nach Berlin gestorben.“, erklärte Thoralf und half auch Maria auf die Beine.
„Berlin?!“, Maria und ich sahen uns groß an. „Wo sind wir denn hier gelandet?“
Thoralf zuckte mit den Achseln und legte einen neuen Bolzen auf seine Armbrust, zur Sicherheit. „Weiß ich nicht genau. Ich habe euch in Berlin an einem vereinbarten Treffpunkt abgeliefert. Dann musste ich mit euch hinten in einen Transporter einsteigen und wir wurden hergefahren und einen Stock höher in einem Parkhaus ausgeladen. Doktor Weinberg hier, hat mich empfangen. Aber wir können auf keinen Fall hier bleiben. Erstens ist es hier gefährlich und zweitens muss ich jetzt schleunigst meine Schwester finden, ehe die Freaks sie umbringen!“
Er hatte Recht. Thoralf holte dem fiesen Manager das Handy aus der Tasche und trat es kaputt. „Damit sie uns nicht finden!“, sagte er.
Dann beugte er sich zu dem Manager herab und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Als er danach mit dem Jagddolch den Hals des Anzugträgers etwas blutig einritzte, röchelte dieser: „Zimmer 385. Aber bitte. Bitte helft mir!“
Da wir aber nicht wussten, was wir sonst tun sollten, ließen wir den verletzten Manager, wo er war. Einen Krankenwagen hätten wir nicht rufen können, da wir sonst von der Bande erwischt werden würden! Hilfe holen könnte man erst, wenn wir in Sicherheit waren.

Maria wurde durch das Handy offensichtlich an etwas erinnert. „Du Thoralf, hast du mein Smartphone zufälligerweise auch einstecken? Ich muss Eric und den anderen Bescheid sagen. Vielleicht können sie uns helfen!“, fragte sie Thoralf.
Während wir auf einen Aufzug zuschritten und nach einem Knopfdruck Thoralfs auf den Aufzug warteten, tippte Maria Erics Namen in das Smartphone ein. „Mist, kein Empfang!“, schimpfte sie nach einiger Zeit und versuchte es erfolglos erneut.

Die Tür des Aufzugs öffnete sich und zum Glück kam keiner der Chiang-Shih und auch kein Vampir durch die Türe. „Gott sei Dank!“, sagte ich, obwohl ich gar nicht wusste, wem ich dafür eigentlich dankbar sein sollte.
Thoralf drückte den Knopf für den dritten Stock. Für meinen Geschmack zu langsam schob sich der Aufzug nach oben. Dann klingelte es einmal und die Tür öffnete sich. Wieder konnten wir ungehindert auf einen breiten Gang treten, der wie der eines Büros aussah. Weiße Wände, ein blauer Teppich und einige Palmen waren alles, was man sehen konnte.
Maria versuchte es wieder und hatte endlich Empfang. „Wo seid ihr?“, hörte man leise eine besorgte Stimme aus den Lautsprechern.
 „Eric, alles ist gut. Wir konnten mit Thoralfs Hilfe fliehen. Wir sind in einem Haus in Berlin, wo uns die Chiang-Shih hin verschleppt hat.“, sagte Maria möglichst leise, falls Feinde in der Nähe sein sollten.

Ich nahm ihr das Smartphone weg und drückte es an mein Ohr. Ich wusste einfach mehr als Maria, da sie ohnmächtig gewesen war. „Eric, hör zu. Es stimmt alles mit den Drogen und so. Es ist wirklich eine Art Sekte, sie manipulieren die Vampire. Und sie haben Tamara, Thoralfs Schwester in ihrer Gewalt. Kommt so schnell ihr könnt nach Berlin gefahren, um uns zu helfen. Und bringt eine Menge Waffen mit, wir könnten sie brauchen!“
„Alles klar.“, sagte Eric. „Aber wohin sollen wir kommen?“

Maria riss mir das Smartphone aus der Hand. „Ich schick‘s dir gleich per latitude!“, sagte sie und tippte auf dem Teil herum.
„Was ist das?“, wollte ich wissen.
„Eine App mit der man seinen Standpunkt ermitteln und ihn teilen kann… So, Eric, ich hab‘s dir geshared.“
„Alles klar. Sucht Thoralfs Schwester und dann versteckt euch. Entweder ihr flieht aus dem Gebäude, aber passt auf, das ist garantiert sicher wie eine Festung und videoüberwacht, oder ihr versteckt euch, bis wir kommen und euch befreien!“, Erics Stimme hatte bestimmt geklungen.

Thoralf legte den Finger auf die Lippen und deutete uns an, zu schweigen. Maria ließ Eric weiter mithören und steckte das Smartphone in die Hosentasche. Thoralf hob die Armbrust und folgte dem Gang schleichend. Offensichtlich hatte er etwas gehört. Wir folgten ihm so leise wie möglich.

Plötzlich schlugen Türen auf, die in den Gang zeigten. Zwei Männer in schwarzem Anzug und mit Pistolen in ihren Händen stellten sich vor uns. Sie legten an und brüllten: „Nieder mit der Armbrust, oder wir knallen euch ab! Auf den Boden!“

Wir gehorchten wohl oder übel. Während uns einer mit der 9mm Walther P99 – ich erkannte die Pistole sofort – in Schach hielt, kniete der andere über uns und schnürrte uns die Hände mit Kabelbinder aus seiner Hände so eng zusammen, dass das Blut abgedrückt wurde. Nach wenigen Handgriffen waren wir alle gefesselt. Panik stieg in mir auf, als der Mann auch noch unsere Taschen durchsuchte und unsere Handys einsammelt. „Die braucht ihr nicht mehr!“, grinste er und steckte sie ein.
„Aufstehen!“, schnauzte sein Kumpane und drückte Thoralf seine Pistole in den Nacken.
So schob er den hilflosen Thoralf vor sich her, während uns der Andere mit seiner P99 zum Vorwärtsgehen bewegte. Man zwang uns, durch die Türe zu gehen, aus der die beiden eben gekommen waren. Wir befanden uns in einem leeren Büroraum, in dem nur eine Kamera, ein Wasserbottich aus Plastik und ein Stuhl zu finden waren. Auf dem Stuhl saß Tamara. Sie war gefesselt und hatte nasse Haare. Sofort stieg Panik in mir auf, als mir klar wurde, dass wir nicht nur gefangen waren, sondern uns in einer Folterkammer befanden. Die nassen Haare konnten nur bedeuten, dass man Tamara mit Waterbording in dem Wasserbehälter gefoltert hatter. Fürchterlich!
„Thoralf!“, schluchzte Tamara und dicke Tränen rannen ihr über die Wangen.
„Alles wird gut.“, versuchte sie Thoralf zu beruhigen, obwohl er genau so wie ich wusste, wie aussichtslos die Lage war.

Die Männer schupsten uns auf den Boden, wo wir liegen blieben im Angesicht der Mündungen der Pistolen. „Wie seid ihr geflohen?“, herrschte uns der eine von den Männern an.
„Auf einem Einhorn!“, erwiderte ich scharf.
Die Wut über Tamaras Misshandlungen, die man der armen an der Bleiche des Gesichts und den in den Augen hervortretenden Adern deutlich ansah, machte mich mutig.

Aber die beiden ließen sich nicht verarschen. Ohne eine Miene zu verziehen, kam einer der Männer mit der Knarre auf mich zu. Mir lief es eiskalt über den Rücken und mein ganzer Körper begann zu zittern. „Du bist also ein Spaßvogel, ja?“, sagte der Mann und hob den Arm.

Jeris Gott, wenn es dich doch gibt und du mich hier raus holst, glaube ich vielleicht doch an dich!, dachte ich noch. Blitzschnell sauste der Griff seiner Walther auf mich herab. Er traf mich auf der Schläfe und nahm mir augenblicklich die Besinnung. Es wurde schwarz und ich sackte zusammen, ohne noch etwas zu spüren.