Sonntag, 29. Januar 2017

14. Die ersten Tests



14. Blogeintrag
Die ersten Tests

Liebe Leser, wie ihr seht, gibt es immer Mal Antworten zu meinem Blog und ich werde sie zulassen, wenn sie die Sicherheit der betroffenen Personen nicht gefährden. Soviel dazu. Nun aber mehr darüber, was weiter geschehen ist. Warum meine Fortsetzung so lange gebraucht hat, kann und darf ich leider gerade nicht sagen…

Wir diskutierten lange gemeinsam, wie wir Marc am besten untersuchen könnten. Schließlich kam mir die Idee, dass wir die Sache beim Schopf fassen mussten. „Marc, ich werde verschiedene Gewebeproben von dir nehmen und testen und mikroskopisch untersuchen müssen. Vor allem müssen wir feststellen, welche Komponente deiner Verdauung kaputt und daher auf vorverdaute Nahrung angewiesen ist. Wenn es für dich in Ordnung ist, dann werden wir dir gewöhnliche Nahrung festgeben, um am Stuhl festzustellen, was genau daran nicht zersetzt worden ist.“, sagte ich.

Marc sah mich etwas verwundert an. Doch dann nickte er: „Ich habe normale Nahrung schon probiert, aber sie sättigt mich nicht. Sie füllt den Magen, aber ich merke, wie ich schwächer werde und mein Bauch sich zusammenkrampft.“
Das brachte mich auf eine heiße Spur: „Heißt das also, dass du schon einige Zeit nach dem Essen die Auswirkungen spürst?“
Wieder stimmte mir Marc zu: „Ja, so ist es. Schon nach wenigen Stunden. Es fühlt sich an, als hätte ich dann Steine im Magen.“

Ich nickte und schloss die Augen, um einen Moment nachzudenken. Dann antwortete ich: „Nun, das heißt also, das Problem entsteht an dem Punkt, wenn die Vorverdauung im Magen beendet ist und die eigentliche Verdauung im Dünndarm, genauergesagt im Zwölffingerdarm geschehen sollte. Hier könnte also die Störung liegen. Pepsin spaltet Proteine in kleinere Stücke, die dann verdaut werden können. Da im Blut ja nicht nur Aminosäuren, sondern auch kleinere Peptide, d.as heißt Oligo­peptide vorliegen, könnten diese aufgenommen werden. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Pepsin zu hemmen. Es ist temperaturunempflindlich und funktioniert noch bis 60 Grad, also fällt dieser Faktor der Enzymregulation weg. Moment, ich muss kurz überlegen, welche Hemmfaktoren ein Enzym noch ausschalten können.“
Jeri wartete gar nicht ab, sondern wiederholte, was wir in unserem brillanten Bioleistungskurs gelernt hatten: „Temperatur, pH-Wert, Substratkonzentration, kompetitive Hemmung, allosterische Hemmung, Schwermetalle und Cyanidionen.“

Ich runzelte die Stirn: „Respekt, Jeri. Vielleicht hättest du doch an meiner Stelle Bio studieren sollen. Also, wählen wir das Ausschlussverfahren. Eine kompetitive Hemmung wäre nur möglich, wenn man mit der Nahrung ähnliche Aminosäuren aufnähme, die die Enzyme blockieren. Das fällt also weg. Schwermetalle würde man schnell nachweisen und sie hätten noch viel schlimmere Folgen. Am Substrat, also an der Nahrung kann es ebenso wenig liegen, wie an der Temperatur. Bleiben nur noch allosterische Hemmung und pH-Wert. Welche Hemmstoffe Pepsin zerstören können, weiß ich nicht, aber über den pH-Wert kann ich was sagen.
 Im Magen ist Pepsin normalerweise bei einem pH-Optimum von 1,5 aktiv, das geht auch bis 3 noch gut. Aber ab einem pH-Wert von 6 wird die räumliche Struktur des Pepsins irreversibel zerstört. Da sind einfach zu wenig H+-Ionen vorhanden und die Struktur verschiebt sich. Man muss sich vorstellen, dass bei einem pH von 1 100.000-mal mehr Wasserstoffprotonen vorliegen als bei einem pH von 6. Das Ganze ist dekadisch.“

Jetzt staunte Jeri nicht schlecht. „Du weißt ja doch wieder mehr als ich. Aber darum geht es nicht. Wäre es nicht möglich, den pH-Wert des Magens zu untersuchen?“

Ich ging auf und ab, während ich überlegte. „Nun ja, man könnte das als Arzt sehr leicht tun. Sonde rein und fertig. Aber bei uns wird das nicht so einfach gehen, befürchte ich. Man könnte also entweder Abführmittel verwenden, oder einen Brechreiz stimulieren.“
„Brechreiz. Abführungen würden den pH im Darmbereich völlig verfälschen.“, war Jeris knappe Antwort.
Und damit hatte er recht! „Ok, das stimmt. Also Brechreiz. Meinetwegen auch mit einem pH-neutralen Brechmittel. So ein Emetikum, also Brechmittel ist für Menschen mit Magenvorerkrankungen allerdings risikobehaftet. Marc, wärst du überhaupt dazu bereit?“
Johnny hatte sich offensichtlich schon von dem Schock erholt, dass wir hinter seinen kranken Plan gekommen waren. Er schnitt Marc das Wort ab: „Scheiße, Mann, wir wollen rausfinden, wie ein Vampir biologisch tickt und du fragst den Blutsauger um Erlaubnis? Er muss einfach. Reizzähne auseinander und rein das Zeugs!“
Marc sah Johnny wütend von unten an. Aber er ließ ihn ausreden. Dann sagte er: „In Ordnung. Ich würde es sowieso machen.“
„Gut, dann schlage ich vor, wir nehmen Kupfersulfat. Da komme ich sehr einfach ran. Das Zeugs steht auch in jedem Schullabor rum.“, erklärte ich.
„Und wie kriegst du dann raus, ob in dem Erbrochenen der pH in Ordnung ist?“, fragte Eric skeptisch und tippte auf seinem iPhone herum. Wahrscheinlich suchte er schon im Netz.

„Dazu gibt es Indikatoren. Das sind chemische Stoffe, die selbst leicht basisch oder sauer sind und daher Protonen aufnehmen und wieder abgeben können. So ändert sich ihre räumliche Struktur, ihr Energieniveau, damit ihre Lichtreflexion und schließlich ihre Farbe. An solche Indikatoren kommt man auch sehr einfach ran. Ich muss morgen im Praktikum nur versehentlich den falschen Schrank öffnen und mir etwas in die Tasche fallen lassen, dann haben wir alles. Ich werde verschiedene Indikatoren mitbringen, damit wir sicher gehen können. Bromthymolblau wäre zum Beispiel geeignet. Ab einem pH-Wert von 5,8 schlägt er um von gelb über grün nach blau. Sollte eine nur leichte Grünfärbung zu sehen sein, dann hieße es, dass Marcs Magen nicht ansatzweise sauer ist. Chronische Untersäuerung des Magens birgt neben mangelnder Ernährung auch eine höhere Anfälligkeit gegen Krankheitserreger. Aber das werden wir alles rausbekommen. Ich hole also Universal­indikatorpapier und Bromthylmolblau. Aber selbst eine gewisse Untersäuerung kann den Anteil des Verdauten schon zu gering halten. Aus dem Grund nehme ich noch Methylorange mit, was den pH zwischen 3,1 und 4,4 durch den Umschlag von rot auf gelborange anzeigt. Und um absolut sicher zu gehen, hole ich noch Kongorot, das uns den pH von 5,2 als Grenze anzeigt, sollte er über- oder unterschritten werden.“

Johnny war ganz hippelig gewesen und hatte meinen biochemischen Erklärungen kaum zugehört. „Und wann wissen wir jetzt genaueres?“, fragte er voller Ungeduld.
„Immer langsam. Ich kann heute Abend mit meinem einfachen Mikroskop schon mal Zellproben untersuchen, werde aber erst morgen mit den guten Zeiss-Mikroskopen und ein wenig Immersionsöl im Uni-Labor die Sache genauer prüfen können. Wenn ich morgen alle Chemikalien dabei habe, dann können wir den pH-Wert untersuchen. Da gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder er ist das Problem, oder nicht. Ich hoffe stark auf das erste, da die Chance, genau den richtigen Hemmstoff für das richtige Enzym zu finden, sehr langwierig sein kann. Ich habe auch nicht wirklich die Mittel dazu. Vielleicht müsste man die komplette DNA sequenzieren und das würde 10.000 Euro und lange Zeit kosten…“
„Ok, das klingt wie ein Plan. Also an die Arbeit. Ich werde mit Jeri auf unseren Freund aufpassen und währenddessen noch ein bisschen recherchieren. Vielleicht kann ich mit Marcs Hilfe noch tiefer in das System von Chiang-Shih eindringen. Johnny wird sich damit beschäftigen, das Haus zu bewachen, vielleicht weiß ja jemand, dass wir Marc haben und Dave nimmt sofort ein paar Proben und setzt sich ans Mikro. Und heute Nacht werden wir alle gemeinsam auf Matratzen hier unten schlafen. Für den Fall, das was passiert.“, sagte Eric und sah Marc dabei intensiv in die Augen.

Gesagt getan. Johnny verließ grummelnd den Keller. Sicherlich würde er sich wieder ein ganzes Waffenarsenal umhängen, wenn er draußen unterwegs war.
Mit einer Pinzette und einem Wattestäbchen nahm ich ein paar Proben von Marc, der mich daran nicht hinderte, und holte mein kleines, batteriebetriebenes Mikroskop in den Keller herunter. Dann machte ich mich daran, die Zellen bestmöglich zu untersuchen. Jeri holte die im Haus befindlichen Laptops herunter und surfte mit Eric, um nach Antworten zu forschen. So verging die Zeit, bis es schließlich spät in der Nacht war…

Irgendwann waren wir zu müde und so trafen wir uns zu einer letzten Besprechung, bevor wir uns zu Ruhe legen würden. Jeri war ganz begeistert: „Guckt mal diese Website an. Das ist ja fast genau das, was Dave vermutet hat.“

Er zeigte mir die Website und ich las erstaunt, wie sehr meine Vermutungen über die biologischen Zusammenhänge ins Schwarze getroffen hatten. Jetzt war nur noch zu klären, ob dies alles bei Marc zutraf oder nicht.

So, hier muss ich aufgrund der Zeit Schluss machen. Ich werde wirklich schreiben, sobald es geht. Nur schonmal ein Hinweis: Alle Tests, die ich mit Marcs Zellproben und Knoblauch an diesem Abend durchgeführt habe, waren negativ…

Grüße von Dave


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