1. Wie alles begann...

Hallo Blogleser,

Nun sitze ich hier in einem Internetcafe mitten in der Stadt und schreibe auf, was mir so passiert ist.

Ich kann weder meinen Home-Pc noch meinen richtigen Namen verwenden. Ich schreibe auf diesen Block, was mir passiert ist, um möglicherweise Verbündete und Gleichgesinnte unter euch da draußen zu finden.

Ich kann zu meiner Person nicht mehr sagen, als dass ich ein Biologiestudent bin, denn würde ich mehr Informationen rausgeben, würde man mich finden. Wenn ich also erzähle, was mir passiert ist, werde ich alle Namen ersetzen müssen. Ich weiß nicht, ob man im Moment auf der Suche nach mir ist, aber würde man mich finden, so würde man keinen Augenblick zögern, mir das Licht auszuknipsen. Ich bin „The Runner“ und dies ist meine Geschichte...

Der Schnee fiel in leichten Flocken vom Himmel und bedeckte die Erde mit einer stetig wachsenden weißen Schicht. Es hatte erst gestern angefangen zu schneien und so stapfte ich ein bisschen widerwillig durch den matschigen Schnee, der immer wieder zu tauen anfing.

Es war nicht mehr weit bis zu meinem Hörsaal und ich würde noch einige Minuten Zeit haben, mir das alte Skript anzuschauen, bevor die Vorlesung für Mikrobiologie begann.

Der Hörsaal war wie immer gedrungen voll und ich musste eine ganze Weile gucken, bis ich einen Platz sehen konnte, der eine Steckdose für meinen Laptop beinhaltete. Mein Freund Thoralf hatte mir den Platz neben sich freigehalten und so setzte ich mich dort hin. Im Gegensatz zu den meisten anderen Räumen gab es hier immerhin einen Stromanschluss für meinen kaputten Laptopakku und so hatte ich innerhalb kurzer Zeit den Laptop angeschlossen und gestartet. 

„Na, hast du schon die ganzen Pilze drauf?“, fragte mich Thoralf und surfte nebenbei auf seinem Laptop auf irgendwelchen Comicseiten, mit englischen Witzen, die ich meistens nicht verstand. 

„Natürlich nicht. Ich bin aber mal gespannt, was wir heute lernen, wenn wir mit den anderen Gebieten der Mikrobio weitermachen.“ 

„Nun, kann ja nur spannender werden, als die langweiligen Pilze.“

Ich nickte und öffnete meine Mikrobio-Datei. Ein Blick auf die Seitenzahl verriet mir, dass wir innerhalb von nichtmal 6 Wochen schon über 30 Seiten Text zu lernen hatten... Na super!

Bald darauf kam der Professor rein, verkabelte seinen Mac und startete auch schon die Vorlesung.„Meine sehr verehrten Damen, meine Herren. Heute werden wir uns mit einem spannenden Themenbereich beschäftigen, der ...“

Und schon versank ich in gelangweiltes Mitschreiben der Folien, wobei ich kaum dazu kam dem Professor auch noch zu zu hören. Wie immer, wenn Thoralf sich neben mir befand, nutzten wir die Pausen zwischen dem Abtippen, um uns über alles mögliche zu unterhalten. Manchmal hatte es sogar auch etwas mit der Vorlesung zu tun...Thoralf meinte, mit nur halbherzigem Flüsterton: „Ich habe letztens eine Parodie auf Twilight gesehen. Da sitzen alle Vampire der verschiedenen Geschichten an einem Tisch und beratschlagen, was sie gegen das Sonnenlicht tun. Und dann steht Edward auf und sagt: Ich versteh das Problem nicht, schließlich glänze ich im Sonnenlicht nur.“

Ich nickte grinsend und erinnerte mich daran, das Video ebenfalls schon einmal gesehen zu haben, auch wenn der Wortlaut wohl nur so ähnlich gewesen war.

Dankbar über die Ablenkung ging ich auf das Thema ein. „Was mich mit am meisten stört, sind die pseudobiologischen Erklärungen, die da immer abgeliefert werden. So vonwegen sie haben ein Gift in ihren Zähnen, sind eigentlich aus Stein und haben ein Chromosom mehr als Menschen, blablabla.“ Thoralf wollte mir gerade zustimmen, da klickte der Professor die Folien weiter und blieb bei einem robotermäßig aussehenden Viech stehen. „So und hier seht ihr den Lambda-Phagen. Wie bereits erwähnt, dockt er an Eschericha Coli an, überführt seine RNA in den Einzeller, wo diese dann in DNA umgewandelt und in das Erbgut von E.coli eingebaut wird. Ich habe ja eben schon erklärt, dass E.coli dagegen Restriktionsenzyme entwickelt hat, die fremde unmethyiolierte RNA auseinandernehmen und anschließend ...“

Wir mussten das Gespräch unterbrechen und hackten wie die Bekloppten auf die Tasten, um in stenoartiger Weise die Stichpunkte der Folie samt allen Fremdwörtern einigermaßen vollständig mitzuschreiben. Ich hatte noch von keinem anderen Fach gehört, in dem die Professoren so schnell reden und gleichzeitig ganz andere Folien vorwärts klicken konnten, wie es in Bio der Fall war.

Und so ging es fort, die nächste Stunde und die weiteren Vorlesungen des Tages, immer in einem Affentempo...

Ich weiß, dass ich bisher noch nicht an dem Punkt angelangt bin, der erklärt, was passiert ist. Ich muss allerdings weiter ausholen, um zu erklären, wie ich in meine jetzige Situation geraten konnte. Sobald es mir möglich ist, werde ich weiter erzählen. Für jetzt aber muss ich Schluss machen, denn ich habe noch nichts zu Mittag gegessen. Als Randnotiz: Der kleine Typ rechts von mir schielt immer wieder herüber. Er surft gelangweilt auf einer Witzeseite und scheint mich irgendwie zu beobachten. Er trägt einen Hut tief ins Gesicht gezogen und scheint etwas dicker zu sein. Ich werde ein Auge auf ihn haben.

Bitte habt noch etwas Geduld, dann werdet ihr erfahren, was genau mein Problem ist, und wieso ich auf der Hut sein muss.

Grüße von

The Runner